Ein Hund kommt mir nicht ins Haus

Oder „Auf den Hund gekommen“

„Ein Hund! Nein! Ein Hund kommt mir nicht ins Haus!“

So waren meine ersten Worte als mein Sohn Marco mich fragte ob er einen Hund haben könnte. Wieso brauchen wir einen Hund? Waren nicht erst die Kinder aus dem Gröbsten heraus? Hatte ich nicht meine Aufgabe als Mutter gut erledigt? Ein Recht auf Freiraum stand mir doch wirklich zu. Mein lang erträumtes Cabrio wollte ich nun wirklich nicht mit einem Haare verlierendem schmutzigem unfolgsamen Etwas teilen. Wo sollte er bleiben wenn ich einkaufen fahre? Vielleicht müssten wir auch noch einen Zwinger bauen. Was dass alles kostet! Nein es sprechen doch nun wirklich alle Argumente dagegen.

Marco bekommt einen Plüschhund.

Mehr Entgegenkommen ist nun wirklich nicht drin. Wollte er nicht auch nachdem wir den Film „Mein großer Freund Joe“ gesehen hatten einen Affen? Auch damals hat er sich wieder beruhigt.

Aber das Fragen und Bitten nach einem Hund wollte einfach nicht verstummen. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ein Hund viele schlechte Eigenschaften hat. Sie sind Streuner, sind unfolgsam könnten jemanden beißen und außerdem hätten wir ja sowieso viel zu wenig Platz. „Aber es gibt doch sicher auch Hunde die nicht so sind“ so sein Gegenargument. „Na den möchte ich sehen“ war meine leichtfertige Antwort. Wochen vergingen und für mich war das Thema erledigt bis meine Männer von einem Einkaufstrip nach Hause kamen und Marco mich mit den Worten „Wir haben ihn gefunden!“ begrüßte. „Wen habt ihr gefunden?“

Na wen schon? Er behauptete den idealen Hund für uns in einem Hundebuch gesehen zu haben.

O mein Gott nicht schon wieder dieses Thema. Außerdem möchte ich das nun wirklich mit eigenen Augen sehen.

Kurze Zeit später wurde er mir präsentiert: der Hund der keine Wünsche offen lies. Ein „PON“. Was ist denn das für einer? „Der sieht ja wirklich toll aus“. Die Eigenschaften die er hat wären ja ideal für uns. Alles was wir von einem Hund erwarten würden. Habe ich das wirklich gesagt? Marco ist hin und weg und ist sich sicher dass er so einen Hund bekommt. Mich beschleicht das Gefühl, dass mir die Sache allmählich entgleitet. Mein Mann Helmut gibt noch eins drauf und führt an dass er als Kind auch einen Hund hatte und er sein bester Freund war. Vielleicht sollte ich diese Ehe noch mal genau überdenken.

Tage später hatte ich mich wieder ein wenig beruhigt. Auch wenn dies der richtige Hund für uns war wo sollten wir einen herbekommen. Dieses Problem konnte ja eine Frau lösen aber ein Mann, ha ha. Also Thema Hund kein Problem. Alles im grünen Bereich. Obwohl, süß war er ja.

Ich sollte mich irren. Meine Männer konnten ungeahnte Kräfte und Talente freisetzen. Internet macht die Welt klein und meine Männer erfolgreich.

Ein Züchter in Hamburg war bald aufgetan der noch in diesem Jahr einen Wurf erwartete. In Hamburg! Für uns in Bayern wie man so sagt: der nächste Weg.

Ein Anruf aus dem hohen Norden machte mir schlagartig klar dass da schon Kontakte geknüpft wurden. Warum sagt mir das keiner? Der muss sich ja denken, dass ich doof bin oder so, weil ich nur unwissend rumdrucksen konnte. Was Herr Waltereit mir aber alles erzählt hat war echt beeindruckend.

Wenn man das alles wissen muss um einen Hund groß zu ziehen dann sehe ich schwarz. Das ist ja eine Wissenschaft für sich. Außerdem kommt sowieso nur ein Männchen für uns in Frage und ob bei dem Wurf so viele sind dass für uns auch einer abfällt ist fraglich. Obwohl jetzt wo wir schon so weit gekommen sind wäre es doch schade wenn wir keinen bekommen würden. Hab das jetzt wirklich ich gesagt?

Oktober. Sie sind da! 3 Rüden und 3 Hündinnen. Einer davon gehört uns. Hurra wir sind „Eltern“.

Wie nicht schwer zu erkennen ist hat sich meine Einstellung zu einem Hund mittlerweile erheblich geändert. Man (oder Frau) muss im Leben auch mal Zugeständnisse machen. Hat nicht jeder schon mal mir zu Liebe auf etwas verzichtet? Gleiches Recht für alle!

Das einzige was mir noch Probleme bereitet ist die Frage ob wir es auch schaffen alles richtig zu machen. Schließlich soll es unserem Hund ja so richtig gut gehen. Wenn schon denn schon.

Bei einem kurzen Besuch in Hamburg konnte jedoch Familie Waltereit die meisten Bedenken ausräumen. Dies war auch unser erster Kontakt zu all diesen wunderbaren süßen schnuckeligen Hunden. Noch wussten wir nicht welcher einmal uns gehören würde. Eigentlich möchte man sie ja alle. Besonders gefällt uns der der nur einen schwarzen Kopf hat und ansonsten ganz weiß ist.

 

 Caligula auf den Schmusepfoten
 
Keine 2 Wochen später steht fest: ja er ist unser! Caligula so soll er heißen. Ich finde ja Fussel passt viel besser zu ihm. Anfang Dezember wird er dann endlich bei uns sein.

Es kommt wie es kommen muss. Ich werde krank muss ins Krankenhaus und bin nicht da als Fussel bei uns einzieht. Nie hätte ich gedacht, dass mir das so viel ausmacht. Das erste was ich morgens der Schwester erzähle ist, dass ich dringend nach Hause muss denn wir haben jetzt einen Hund und der braucht mich ganz dringend. Sie müssen das verstehen. Zwei Tage später wurde ich entlassen!

Von diesem Tag an war alles anders!

2 Monate musste ich noch das Bett hüten. In dieser Zeit war sein Lieblingsplatz auf dem Teppich neben meinem Bett. Schon damals habe ich festgestellt. dass es schön ist wenn er einfach nur da ist.

Nicht nur für uns änderte sich einiges, auch für unsere Freunde war es jetzt anders wenn sie uns besuchten. Meine besten Freundinnen wurden sogar als Familienmitglieder akzeptiert. Heute bekommen sie nach einer stürmischen Begrüßung, die mich immer fast eifersüchtig werden lässt, einen Ball vor die Füße und jede von ihnen versteht ohne Worte was gemeint ist.

Fremde hingegen interpretieren dieses Verhalten oft falsch und meinen „Oh jetzt hat der Hund seinen Ball verloren.“ Oder „ Ich kann verstehen, dass du denn Ball nicht mehr länger tragen kannst.“ In solchen Situationen kann ich mir ein Schmunzeln immer nur schwer verkneifen.

War Fussel eigentlich als Marcos Hund gedacht so wurde aus ihm aber schnell ein richtiger Familienhund. Oma hat endlich einen Grund gefunden warum sie Spazieren gehen muss. Daniel, mein 16 jähriger Sohn hat festgestellt, dass man mit so einem schönen Hund überraschend häufig von hübschen jungen Mädchen angesprochen wird. Helmut, mein Mann, nimmt ihn gerne mit in die Firma. Kann er doch unter Beweis stellen, dass er wenigstens bei der Erziehung des Hundes Erstklassiges geleistet hat. Fussel weicht ihm keinen Schritt von der Seite, gehorcht aufs Wort und wenn es ihm zu viel wird legt er sich einfach in die Ecke und schläft. So mancher Hundebesitzer kann da nur noch neidisch dreinblicken.

Die meisten Vorteile genieße jedoch ich. So muss ich den Weg zum Briefkasten oder zur Toilette (quer durchs Haus) nie mehr alleine und unbeschützt hinter mich bringen. Auch mit dem Auto habe ich stets Begleitung, denn sobald er die Autoschlüssel klappern hört hält ihn nichts mehr. Wehe ich fahre ohne ihn dann bricht mir sein Blick das Herz und ich frage mich wie ich nur so gefühllos sein kann.

Oft lässt es sich jedoch nicht vermeiden und er muss zu Hause bleiben (Ist mir eigentlich früher nicht aufgefallen, dass immer jemand da ist). Sind wir ansonsten einfach heim gekommen so werden wir heute in jeder Hinsicht empfangen. Immer wieder ein unbeschreibliches Erlebnis.

Im Winter habe ich ihm beigebracht mir die Füße zu wärmen. Gelehrig wie ein PON nun mal ist vergisst er auch im Sommer nicht seine Pflicht zu erfüllen. Was für mich heißt nie wieder kalte Füße. Auch nicht bei 30 Grad Plus.

Wichtig für ihn ist natürlich dass er immer mittendrin statt nur dabei ist. Was bedeutet, dass wenn wir kochen er natürlich den Ofen oder Fluchtwege wie die Tür bewacht. Sicher würde er uns sogar beim Kochen helfen wenn er könnte denn er ist ja eigentlich ein Familienmitglied wie jedes andere. Das nun schon seit fast 2 Jahren.

Anfangs haben wir immer noch mit all den Dingen gerechnet von denen uns Familie Waltereit erzählt hatte, dass sie vorkommen könnten. Doch wir warten bis heute. Kein einziger Schuh ist ihm zum Opfer gefallen. Keine einzige Pflanze die wir eingebaut haben hat er wieder ausgegraben. Kein einziges Möbelstück wurde angeknabbert. Nun gut seine Spielsachen muss man aufräumen und sollte es mein Mann wagen mich in seiner Anwesenheit zu küssen dann kläfft er schrecklich. Ich vermute und hoffe doch es ist ein bisschen Eifersucht im Spiel.

Am schönsten jedoch ist es abends wenn er mich ins Schlafzimmer begleitet. Ich leg mich in mein Bett, er sich auf seinen Teppich. Ein tiefes Pfff sagt mir der Tag ist zu Ende und er mit sich zufrieden. Mir gibt seine Anwesenheit ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit das sich nur sehr schwer beschreiben lässt.

Dieser Hund hat bei uns eine Lücke gefüllt von der wir gar nicht wussten, dass sie da war. Dieser Hund hat uns einfach gefehlt. Ich hab das ja schon immer gewusst aber auf mich, auf mich hört ja hier keiner. 

 
Ingrid Höcherl mit Caligula auf den Schmusepfoten 
 
Autorin Frau Ingrid Höcherl mit Caligula auf den Schmusepfoten (Fussel)